Samstag, 22. Februar 2003
Affäre um Rüstungexporte
Neue Ermittlungen  

Die Affäre um mögliche Rüstungsexporte in den Irak weitet sich aus. Neben dem bereits bekannten Bielefelder Verfahren gegen zwei Kaufleute, die verdächtigt werden, Bauteile für Raketenleitsysteme in den Irak exportiert zu haben, laufen inzwischen Ermittlungen in mehreren weiteren Fällen.

Deutsche Verstöße gegen das

UN-Irak-Embargo?

So sind Manager des Siemens-Konzerns laut der Zeitschrift „Focus“ in den Verdacht geraten, mit der Lieferung von Telefonanlagen nach Bagdad gegen das UN-Embargo verstoßen zu haben. Die Staatsanwaltschaft München leitete dem Magazin zufolge ein Ermittlungsverfahren ein. Bereits in der vergangenen Woche sollen Büros der Firma und die Privatwohnungen zweier Siemens-Manager durchsucht worden sein. Dabei seien Geschäftsunterlagen sichergestellt worden.
Gegenstand der Ermittlungen ist laut „Focus“ die Lieferung von 14 digitalen Telefon-Vermittlungszentralen durch die slowenische Firma Iskratel nach Bagdad. Die Firma gehört mehrheitlich Siemens. Die Hightech-Ware im Wert von 13 Millionen Dollar (rund 12,08 Millionen Euro) soll ab 1998 über die Moskauer Iskratel-Filiale in den Irak gegangen sein.

Um die Siemens-Tochter Iskratel als Hersteller und Lieferant zu verschleiern, sei die österreichische Firma Aventec zwischengeschaltet worden. 

Gegen die dortigen Verantwortlichen ermittele bereits seit Monaten die Staatsanwaltschaft in Klagenfurt.
 
Die Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft Mannheim bestätigte zudem gegenüber der ARD Ermittlungen in drei neuen und voneinander unabhängigen Verfahren. Ein viertes werde von einer Staatsanwaltschaft in Norddeutschland geführt.


Nachkriegsordnung in Irak
Außenminister-Treffen in Paris (Das große Geschäft winkt !)  


Deutschland, Frankreich und Russland haben sich für eine zentrale Rolle der Vereinten Nationen beim Wiederaufbau Iraks nach Beendigung des Golfkriegs ausgesprochen. Die Außenminister der drei Staaten, die die Militäraktion der USA und Großbritanniens weiterhin ablehnen, erklärten am Freitag bei einem Treffen in Paris, dass nur die UN international dazu legitimiert seien, eine Übergangsverwaltung in Irak zu übernehmen. Zugleich bekräftigten sie ihre Forderung nach territorialer Einheit des Landes.

 

Der französische Außenminister Dominique de Villepin räumte ein, dass die USA und ihre Verbündeten anfänglich wohl die besten Garanten für Sicherheit im Nachkriegs-Irak sein könnten. Sie dürften aber keine Regierungsbefugnis haben, wie auch Bundesaußenminister Joschka Fischer und der russische Außenamtschef Igor Iwanow betonten.
 
Der amerikanische Außenminister Colin Powell hatte am Donnerstag während eines Besuchs in Brüssel darauf bestanden, dass die USA beim Wiederaufbau Iraks die führende Rolle spielen müssten, doch sollten die UN nicht außen vor bleiben. De Villepin verurteilte auch die bereits laufenden Spekulationen für lukrative Wirtschaftsaufträge beim Wiederaufbau. Irak dürfe nicht einfach als Kuchen betrachtet werden, von dem sich jeder ein Stück abschneiden könne.

Joschka Fischer, Igor Iwanow und Dominique de Villepin demonstrieren in Paris Einigkeit.

Deutsche als Unwillige abgestraft

 

Die Expertenschätzungen über die Kosten für den Wiederaufbau liegen weit auseinander. Sie reichen von 25 Milliarden Euro bis weit über 100 Milliarden hinaus - ein Riesengeschäft, über das heute schon entschieden wird. Und zwar ohne die Deutschen, vermutet der Bundesverband des Groß- und Außenhandels (BGA). "Es ist hundertprozentig sicher, dass beim Wiederaufbau erst einmal keine deutschen Firmen zum Zuge kommen", sagt BGA-Präsident Anton Börner. "Den Wiederaufbau von zerbombten Straßen und Gebäuden werden die Amerikaner und ihre Verbündeten alleine unter sich ausmachen."

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie vermutet, dass aus politischen Gründen vor allem die Konkurrenz aus Spanien, England und der Türkei zum Zuge kommen wird. "Beteiligt wird nur, wer sich international nicht zu sehr ins Abseits gestellt hat", sagt Hauptgeschäftsführer Michael Knipper. Und das, obwohl deutsche Firmen wie Holzmann oder Hochtief im Irak bis weit in die 80er Jahre hinein Großprojekte wie den Flughafen Basra und den Tigris-Staudamm bei Mosul in die Höhe zogen.

 

Wunden der Amerikaner müssen vernarben

 

Auch beim Verband der deutschen Maschinen- und Anlagebauer (VDMA), die bis zum Golfkrieg 1991 im Irak ebenfalls gut im Geschäft waren, sind die Erwartungen minimal. "Der Aufbau wird von Firmen gemacht, die aus der Koalition der Willigen kommen, nicht der Unwilligen", sagt Hauptgeschäftsführer Hannes Hesse. "Dabei liegen im Irak viele Anlagen im Sand, die von deutschen Firmen gebaut wurden und bei denen wir uns besser auskennen als alle anderen."

Die Hoffnung der deutschen Firmen ruht nun darauf, dass irgendwann einmal auch der Zorn der Amerikaner verflogen sein wird und sie dann wieder ins Geschäft kommen. "Die Wunden bei den Amerikanern müssen erst noch vernarben", sagt Hesse. BGA-Präsident Börner meint: "Das wird mindestens anderthalb Jahre dauern." Gerechnet vom ersten Tag nach Kriegsende.

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