Wirtschaftskrise : Mittelstand in Existenznot.

Banken und Sparkassen verweigern Kredite

dpa
Mittelständische Unternehmen müssen kleinere Brötchen backen
Frontal21

Mittelstand in Existenznot

Banken verweigern Kredite

Deutschland steckt in einer Wirtschaftskrise. Den Mittelstand trifft es besonders hart, denn zunehmend drehen die Banken und Sparkassen plötzlich kleineren und mittleren Unternehmen den Geldhahn zu.

   

Der Sanitär- und Heizungsunternehmer Jürgen Hasler aus Oldenburg beschäftigt in seinem Mittelstandsbetrieb zehn Handwerker, und er bildet regelmäßig Lehrlinge aus. Dennoch hätte seine Hausbank den Vorzeigebetrieb fast in die Pleite geschickt.

 
   

Jürgen Hasler hatte reichlich Aufträge, konnte seinen Umsatz sogar verdoppeln. Sein einziges Problem war: Er brauchte einen höheren Kontokorrentkredit um Material vorzufinanzieren. Früher ging das immer glatt, jetzt drehte die Bank den Geldhahn zu.

 
 
Jürgen Hasler
   

Bank kündigt kurzfristig Kredit
     Hasler: "Wir sind eigentlich freudestrahlend dahin gegangen, weil ich auch fast 15 Jahre schon mit dieser Bank zusammenarbeite. Es ist unsere Hauptbank. Wir haben uns gesagt: Mensch, jetzt haben wir endlich mal tüchtige Aufträge für ein ganzes Jahr. Dann wurden wir doch so enttäuscht von dieser Bank."

Die Oldenburgische Landesbank will den Kredit nicht erhöhen, schlimmer noch, sie kündigt den bereits laufenden Kredit kurzfristig.

 
   

 
Landesbank Oldenburg verweigerte Kredit

 
   

Kampf um das Familienunternehmen
     Die Oldenburgische Landesbank erklärt gegenüber Frontal21, sie könne sich zum Fall Hasler aus Datenschutzgründen nicht äußern. Allgemein aber stellt sie fest: "Unabhängig davon haben wir dort, wo unverhältnismäßige Risiken bestanden, dies mit dem Kunden erörtert und in Einzelfällen, wie bisher, von einer Begleitung der Finanzierung abgesehen."

 
   

Mit anderen Worten: Die Bank setzt Hasler vor die Tür. Über zwanzig Jahre schon führt er das Familienunternehmen. Er und seine Frau Annegret wollen nicht einfach aufgeben. Jürgen Hasler löst schließlich seine Altersversorgung auf, um seinen Betrieb zu retten.

 
   

 
Jürgen Hasler gibt nicht auf

 
   

Das totale Aus
     Annegret Hasler: "Es wäre sonst das totale Aus für uns gewesen."
Frontal21: "Welche Konsequenzen hätte das gehabt?"
Jürgen Hasler: "Die Konsequenzen wären gewesen, dass zu der Zeit zehn Personen ihre Arbeitsstelle verloren hätten. Ich persönlich wäre dann mittellos gewesen und hätte dann irgendwo vom Sozialamt oder anderswo Mittel beantragen müssen."

 
   

Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau(KfW) weiß: So wie den Haslers ergeht es landauf, landab vielen kleinen und mittleren Unternehmen. In einer Studie hat die KfW die Finanzierungsbedingungen für mittelständische Unternehmen untersucht.

 
 
Joachim Heidebrecht

Finanzierungsschwierigkeiten
     Joachim Heidebrecht von der KfW zum Ergebnis: "Sie haben sich in letzter Zeit erheblich verschlechtert. Unsere regelmäßigen Unternehmensbefragungen zeigen uns, dass inzwischen fast die Hälfte der Unternehmen über wachsende Finanzierungsschwierigkeiten klagen und ein Drittel davon sogar Schwierigkeiten hat, überhaupt noch einen Kredit zu bekommen. Die Situation ist im Augenblick sehr angespannt."

 

Frontal21

Mittelstand in Existenznot

Teil 2

Mitten in der Krise lassen Banken viele Mittelständler im Stich. Selbst Unternehmen, die stets brav ihre Kredite zurückgezahlt haben, flattert plötzlich die Kündigung ins Haus. Wer dann keine Reserven hat, dem droht das Aus.

 
Dirk Pfeil
   
Ein ehemaliger Kreditberater, der nicht namentlich genannt werden will

Der Insolvenzverwalter Dirk Pfeil: "Es liegt sicherlich auch an der Personalpolitik, an dem Verhalten in der Bank. Ich habe den Eindruck, dass mitunter ein Mitarbeiter, der eine neue Aufgabe übernimmt, Kreditverträge vorfindet, Geschäftsverträge sichtet und zu dem Punkt kommt: Wenn ich das dieses Jahr noch rausschmeiße, kann ich sagen, das ist vom Vorgänger. Wenn ich es nächstes Jahr rausschmeiße, geht es auf meine Tantieme. Das ist ein Gefühl, das ich auch nicht loswerde, es scheint mir bei allen Kreditinstituten so zu sein."

Kunden werden zu lästigen Bittstellern
     Das deckt sich auch mit den Erfahrungen eines ehemaligen Kreditberaters, der lange in deutschen Großbanken arbeitete. Er musste miterleben, wie Kunden plötzlich zu lästigen Bittstellern wurden.

Seinen Namen möchte er nicht nennen: "Der Handwerker, der Mittelstand, die tragenden Säulen unserer Wirtschaft, was immer gesagt wird, war auf einmal nichts mehr wert. Man hat die Daumenschrauben den Betreuern angelegt. Es wurden Intensivabteilungen in Regionen gegründet, egal welche Großbanken, es waren alle Großbanken. Dann hat man von jungen unerfahrenen Leuten diese Intensivengagements, kleine 50.000 DM-Kredite damals, betreuen lassen. Nicht betreuen lassen in dem Sinn, ihnen zu helfen, sondern ihn an die Wand zu fahren."Das verschärft die Wirtschaftskrise. Die Banken tragen Mitschuld, wollen davon aber nichts hören.

 
 
Wolfgang Arnold
   

Im Börsenboom verspekuliert
     Dr. Wolfgang Arnold vom Bundesverband der Banken: "Die Banken und Sparkassen sind natürlich generell risikobewusster geworden. Das hängt ganz einfach damit zusammen, dass wir im letzten Jahr ja 40.000 Unternehmensinsolvenzen gehabt hatten, gerade im mittelständischen Bereich. Aber das Problem des Mittelstandes ist nicht, Kredite zu bekommen, sondern das Problem des Mittelstandes besteht darin, dass die allgemeine wirtschaftliche Situation nicht gut ist."

Für diese wirtschaftliche Situation sind die Banken mitverantwortlich. Jahrelang haben sie sich im Börsenboom verspekuliert und lassen nun den Mittelstand dafür büßen.

 
   

 
Banken drehen Mittelstand den Geldhahn zu

 
   

Zwischenfinanzierung notwendig
     Ein Beispiel: Frontal21 besuchte ein Unternehmen, das jahrelang Gewinne machte. Die Geschäftsleitung bittet uns, den Namen nicht zu nennen. Der Maschinenpark ist zum großen Teil abbezahlt. Dann gehen zwei große Aufträge verloren. 50 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Neue Aufträge kommen, aber die müssen zwischenfinanziert werden.

 
   

Der Geschäftsführer: "Man benötigt zunächst für die Abarbeitung dieser Aufträge eine erhebliche Vorfinanzierung. Zwischen dem Materialeinkauf und der Bezahlung einer Rechnung im heutigen Bereich des Objektgeschäftes vergehen circa drei bis vier Monate, und in dieser Zeit muss das gesamte Material und müssen Löhne vorfinanziert werden. Das hat mich sehr überrascht, dass man bereit ist, ein Unternehmen gegebenenfalls, wie man so schön sagt, über die Klinge springen zu lassen."

 
   

Bei den Opfern wächst die Wut
     Dabei war der Kredit gut abgesichert, doch der Hausbank war das egal. Die Möbelfertigung gilt ihr als Krisenbranche, und sie fragt nicht, wie es um das einzelne Unternehmen steht.

 
   

Nur mit Mühe konnte die Geschäftsführung die drohende Insolvenz verhindern. Ginge es nach der Hausbank, käme ein florierendes Unternehmen unter den Hammer. Bei den Opfern wächst die Wut.

 
 
Max Schön
   

Neue Mittelstandspolitik der Banken
     Max Schön, Arbeitsgemeinschaft selbstständiger Unternehmer: "Zum Teil sind die Banken sehr aggressiv im Umgang, völlig verständnislos für die Unternehmersituation. Sie wollen nur das Risiko loswerden und kündigen dann einfach. Zum Teil sind sie aber auch ausgesprochen dilettantisch, wenn es darum geht, zu verstehen, was in dem Unternehmen los ist. Sie machen sich häufig nicht mehr die Mühe, in das Unternehmen zu gehen, die Details zu erfragen."

In Jürgen Haslers Unternehmen standen zehn Arbeits- und Ausbildungsplätze auf dem Spiel. Das Familienunternehmen besteht weiter, obwohl die Bank alles tat, um das zu verhindern. Das ist die neue Mittelstandspolitik nach Art der Banken.

 SCHLUSSSATZ: 

 

Viele Bankgeschädigte konnten den Konkurs

 mit den damit verbunden wirtschaftlichen Ruin 

nicht verkraften und mussten auf städtische Friedhöfe beerdigt werden.

Wenn die Banken hierfür selbst aufkommen müssten, hätte jede Filiale ihren eigenen Friedhof.

 ..... lässt grüßen. 

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